AKTIVES WARTEN
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AKTIVES WARTEN
Auch ein entfremdetes Kind liebt beide Eltern – trägt die Liebe zum ausgegrenzten Elternteil tief in seinem Herzen und hütet sie wie einen versteckten Schatz. Der Weg dahin ist verschüttet, um den Schatz vor Angriffen zu schützen.
Die Aufgabe des entfremdeten Elternteils ist es, dafür zu sorgen, dass das Kind den Weg zum Versteck wiederfindet und ihm hierdurch Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. Eine Möglichkeit dafür ist AKTIVES WARTEN.Dies bedeutet sich damit auseinander zu setzen, wie die Beziehung unter den widrigen, schwierigen Bedingungen, zumindest rudimentär, aufrecht erhalten werden kann – nicht jedoch sich vom Kind zu distanzieren.
AKTIVES WARTEN bedeutet immer wieder die Botschaft:
„Ich liebe Dich. Meine Tür steht offen. Es erwarten Dich keine Vorwürfe!“ zu senden.AKTIVES WARTEN ist für ausgegrenzte Elternteile eine große Herausforderung und mit vielen Fragen verbunden, wie:
- Wie sende ich eine Botschaft?
- Was kann, was darf, was soll eine solche Botschaft enthalten?
- Was kann, was darf, was soll eine solche Botschaft nicht enthalten?
- Wie häufig sende ich eine Botschaft?
- Wie gehe ich mit möglichen Reaktionen um?
- Was kann ich darüber hinaus noch tun?
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Das Ziel
In unserer Selbsthilfegruppe können sich entfremdete Elternteile zusammenfinden und gemeinsam AKTIVES WARTEN betreiben, sich gegenseitig unterstützen mit Ideen, Rat und Taten rund um AKTIVES WARTEN in der Beziehung zu ihren entfremdeten Kindern. Wir wollen gemeinsam individuelle Ideen für „Botschaften“ entwickeln und umsetzen wie z.B. Basteln, Fotografieren und Filmen. Wir wollen uns über die Anlässe und die Frequenz unserer „Botschaften“ klar werden und darüber wie sie unsere Kinder erreichen kann und wie besser nicht.
Das Ziel ist es, den Kern der Botschaft „Ich liebe Dich. Meine Tür steht offen. Es erwarten Dich keine Vorwürfe!“ fest im Auge zu behalten, um nicht Gefahr zu laufen destruktive Loyalitätskonflikte zu produzieren, die auch der Beziehung zwischen entfremdetem Kind und ausgegrenztem Elternteil schaden.
Wir wollen individuelle Unterstützer-Netzwerke aufbauen und uns gegenseitig stützen, austauschen und helfen ganz nach dem Motto: „Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteiltes Glück ist doppeltes Glück“.
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Der Rahmen
Ausgegrenzte Elternteile empfinden Ohnmacht und Wut, die von Depressionen über Belastungsstörungen, psychosomatische Erkrankungen bis hin zur Suizidgefahr zur Folge haben. Diese Folgen können schlimmstenfalls unser Leben bestimmen und uns handlungsunfähig werden lassen. Wir wollen uns hiervon nicht leiten lassen, wir wollen aktiv sein, stark sein für unsere Kinder. Aus diesem Grund ist eine Voraussetzung zur Teilnahme, diese friedvolle Absicht.
Für Betroffene:
Wir treffen uns in der Regel einmal im Monat wahlweise online oder in Präsenz. Die jeweiligen Termine veröffentlichen wir hier im Kalender. Wir bitten um vorherige Kontaktaufnahme per E-Mail unter kontakt@aktives-warten.de oder per Kontaktformular.
Für Interessierte, die im Kontext von Trennung und Scheidung arbeiten:
Wir laden Interessierte, die im Kontext von Trennung und Scheidung arbeiten herzlich ein mit uns in Kontakt zu treten. Möchten Sie mehr erfahren über das was wir erlebt haben? Sind Sie interessiert sich mit uns auszutauschen über unsere Erfahrungen, über das was wir als hilfreich erfahren haben?
Wir freuen uns über ein E-Mail unter kontakt@aktives-warten.de
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Das Kind
“Das Wort Integrität umfasst unsere gesamte physische und psychische Existenz, berührt unsere Identität, unsere Grenzen und persönlichen Bedürfnisse.
In den meisten Fällen sind Kinder nicht in der Lage, ihre Integrität im Verhältnis zu ihren Eltern zu wahren. Was nicht bedeutet, dass sie in dieser Hinsicht nicht kompetent wären – sie sind sehr wohl in der Lage, Grenzen zu setzen -, doch neigen sie dazu, ihre eigenen Bedürfnisse zu missachten, wenn ihre Befriedigung zu einem Konflikt mit den Eltern führen würde. Stattdessen entscheiden sie sich dafür, mit ihnen zu kooperieren.”
aus “Dein kompetentes Kind” von Jesper Juul, 2011, S. 59Ausgegrenzte Elternteile haben in der Regel, mehr oder weniger stark ausgeprägte Erfahrungen noch während der Beziehung gemacht wie: “Deine Mutter/Dein Vater weiß nicht was gut für Dich (Kind) ist”, über konkurrierendes Verhalten des entfremdenden Elternteils bis hin zu offenen Abwertungen – üblen Beschimpfungen, die im Beisein des Kindes geschahen.
So haben die betroffenen Kinder erfahren, dass es einen “starken” (entfremdenden) und einen “schwachen” Elternteil gibt. Der “schwache” Elternteil, der einer weiteren Eskalation aus dem Weg geht und nachgibt.
Nach einer Trennung/Scheidung setzt sich dieses Muster fort und dem Kind wird vermittelt, der ausgegrenzte Elternteil sei gefährlich, böse, schlecht und nur der “gute, richtige Elternteil” könne es beschützen. Auf diese Weise wird eine Allianz geschmiedet und emotionaler Druck wird aufgebaut wie offene oder verdeckte Botschaften: “ich bin traurig, wenn Du (Kind) beim anderen Elternteil bist, bin alleine…” bis hin zu “wenn Du (Kind) diese böse Person lieber magst, dann bleibe bei dieser Person”.
Im Rahmen dieser Allianz fordern ausgrenzende Elternteile vom Kind alle Informationen über den anderen, vermeintlich gefährlichen Elternteil ein – der heiße Stuhl.
Gleichzeitig wird das Kind aufgefordert Geheimnisse vor dem auszugrenzenden Elternteil zu haben oder den entfremdenden Elternteil zu informieren wenn es “Stress gibt” mit dem “gefährlichen Elternteil”.Schließlich folgt eine tiefe und offene Abwertung des ausgegrenzten Elternteils. Oft erstreckt sich diese Vorgehensweise auf die ganze Familie des ausgegrenzten Elternteils und/oder weitere ehemals gemeinsame Freunde.
Dieser Prozess verletzt die Integrität eines Kindes und wirkt wie ein Sog, dem es sich nicht entziehen kann und es schließlich kooperiert, die eigenen Bedürfnisse ignoriert.
Während einer akuten Entfremdungsphase sind entfremdende Elternteile besonders kontrollierend. Sie fordern vom Kind alle erdenklichen Informationen über den anderen Elternteil, die Beziehung zwischen Kind und anderem Elternteil (gemeinsame Aktivitäten, die anschließend verurteilt und schlecht geredet werden) „der heiße Stuhl“ und kontrollieren die Kontakte zum anderen Elternteil (z.B. WhatsApp, Telefon etc.).
Die beiden Grundbedürfnisse nach Bindung (zu beiden Elternteilen) und das Bedürfnis nach Autonomie können betroffene Kinder nicht stillen. Letzteres kann nicht erfüllt werden durch das stark ausgeprägte Kontrollverhalten des entfremdenden Elternteils. Der Versuch sich der Kontrolle des entfremdenden Elternteils zu entziehen und/oder den Kontakt zum entfremdeten Elternteil zu halten, ist für betroffene Kinder mit dem Gefühl verbunden etwas Verbotenes zu tun, die Grenzen des entfremdenden Elternteils zu überschreiten. Hier schwingt unterschwellig die Angst mit, die verbliebene Bindung zum entfremdenden Elternteil zu verlieren, wenn der Kontakt zum ausgegrenzten Elternteil durchgesetzt würde. Auf der anderen Seite haben betroffene Kinder Schuldgefühle dem ausgegrenzten Elternteil gegenüber und sind unsicher, ob dieser sie uneingeschränkt annehmen kann.
Diese Ängste wirken sich auf das Selbstwertgefühl aus, fühlen sich falsch an – zum entfremdenden Elternteil besteht eine Bindung, die von Ängsten geprägt ist. Aus diesen Ängsten entsteht Anpassungsdruck, der je nach Veranlagung zu Überanpassung oder zu Störungen (Lernschwierigkeiten, Sozialverhalten) führen kann. Diese Kinder sind daher wenig/gar nicht selbstsicher.
Für das Kind fühlt sich das nicht richtig an, es beginnen Schuldgefühle, die es betäuben will. Hierfür eignen sich die angebotenen Abwertungen und Darstellungen des ausgrenzenden Elternteils als erleichternde Rechtfertigung. So entwickelt sich eine destruktive Spirale der Gewalt. Diese mündet nicht selten in Verleumdungen des ausgegrenzten Elternteils durch das Kind und den entfremdenden Elternteil.
Was ist Eltern-Kind-Entfremdung?
Eltern-Kind-Entfremdung wird in der Regel aufgrund von Trennung/Scheidung sichtbar, ist jedoch nicht unbedingt der Grund.
Es kann sein, dass Elternteile nach einer Trennung Sorge haben, das Kind zu verlieren oder zu der Überzeugung gelangen, der andere Elternteil schade dem Kind.
Gefühle von Enttäuschung und Wut können ebenfalls Auslöser sein.
Sehr häufig gab es schon während der Beziehung der Eltern zueinander eine unterschwellige oder offene “Rivalität” eines Elternteils (oder beider Elternteile) um die Gunst des Kindes.
Häusliche Gewalt indes birgt ein erhöhtes Risiko für eine Entfremdung mit dem Ziel zukünftig Gewalt und Kontrolle auszuüben.
Gewalt beginnt mit der Sprache, somit psychisch und in starker Ausprägung wird sie physisch. Psychische Gewalt, emotionale Gewalt kann von Frauen und Männern ausgehen.
Eltern-Kind-Entfremdung erfolgt nicht zwangsläufig durch den überwiegend betreuenden Elternteil, sondern kann auch durch den “Umgangs”-Elternteil betrieben werden.
Der Prozess der Entfremdung kann sehr schnell voranschreiten oder auch sehr langsam über Jahre hinweg.
Die Entfremdung entsteht durch starken emotionalen Druck auf ein Kind, der durch destruktive Loyalitätskonflikte in Gang gebracht wird. Hierbei werden Kinder in den Elternkonflikt hineingezogen und ein “Bündnis” gegen den anderen Elternteil eingegangen.
Über den ausgegrenzten Elternteil wird abwertend gesprochen, Verhaltensweisen werden kritisiert, bis hin zur Verachtung. Kinder übernehmen diese Haltung und verhalten sich in der Folge entsprechend respektlos gegenüber dem ausgegrenzten Elternteil – hassen diesen im schlimmsten Fall.
Typische Verhaltensweisen können sein:
Verhaltensweisen eines Elternteils, die ein Kind in die Entfremdung treiben können, können z.B. sein:
- Negativ über den anderen Elternteil und dessen Freunde und Verwandte sprechen
- Kommunikation zwischen Kind und dem ausgegrenzten Elternteil erschweren oder ganz verhindern,
- Erinnerungen an den anderen Elternteil entfernen (z.B. Fotos, Kuscheltiere),
- Liebesentzug, wenn das Kind positiv über den anderen Elternteil spricht,
- dem Kind das Gefühl geben, dass der andere Elternteil gefährlich oder desinteressiert ist oder das Kind nicht liebt (bis hin zu falschen Anschuldigungen bei Jugendamt oder Gericht),
- Druck auf das Kind ausüben, sich zwischen den Eltern zu entscheiden oder den anderen Elternteil abzulehnen,
- dem Kind eigene negative Gefühle gegenüber oder Probleme mit dem anderen Elternteil anvertrauen,
- vom Kind verlangen, den anderen Elternteil auszuspionieren oder Geheimnisse vor dem anderen Elternteil zu bewahren,
- vom anderen Elternteil mit Vornamen sprechen und / oder einen Stiefelternteil als „Mama“ oder „Papa“ zu bezeichnen und das Kind ermuntern, dasselbe zu tun,
- dem anderen Elternteil wichtige Informationen vorenthalten, so dass er sich nicht zuverlässig kümmern kann (kann von Terminen für Schulveranstaltungen bis hin zu Umzügen ohne Mitteilung der neuen Adresse reichen),
- die Autorität des anderen Elternteils untergraben, indem man dessen Regeln abwertet bzw. selbst einen Laissez-faire-Erziehungsstil kultiviert.
(Amy J. L. Baker and S. Richard Sauber: Working with Alienated Children and Families: A Clinical Guidebook (New York: Routledge, 2013), 95-97)
Ein Kind das den Kontakt zu einem Elternteil ablehnt, ist nicht unbedingt entfremdet. Hierfür kann es andere Gründe geben wie Probleme mit einer neuen Partnerin/einem neuen Partner des Elternteils oder etwa Konflikte, die im Zusammenhang mit der Pubertät entstehen können. Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung durch einen Elternteil sind ernstzunehmende Gründe.
Diese Ablehnung ist jedoch nicht kategorisch, sondern durch problematische Verhaltensweisen des abgelehnten Elternteils begründet.
In diesen Fällen entsteht keine Idealisierung des bevorzugten Elternteils, die hingegen typisch für eine Entfremdung ist.
Eltern-Kind- Entfremdung, wie wir sie verstehen, lässt sich durch folgende Kriterien abgrenzen:
- Verunglimpfungskampagne gegen den abgelehnten Elternteil, die offen gezeigt wird,
- Unklare, vage Erklärungen für die Ablehnung, die in der Tiefe schwer oder gar nicht nachvollziehbar sind,
- Idealisierung des einen bevorzugten Elternteils, (Schwarz-Weiß-Denken)
- reflexartige Parteinahme für den bevorzugten Elternteil,
- Ausweitung der Ablehnung auf die gesamte Familie und das Umfeld des zurückgewiesenen Elternteils,
- das Phänomen der “eigenen Meinung” (Betonung des “eigenen Willens”),
- keine sichtbaren Schuldgefühle gegenüber dem abgelehnten Elternteil,
- Übernahme “geborgter Szenarien” (Das Kind formuliert Vorwürfe genauso wie der bevorzugte Elternteil).
(Amy J. L. Baker and S. Richard Sauber, editors, Working with Alienated Children and Families: A Clinical Guidebook (New York: Routledge, 2013), 62)
In unserem Verständnis kann nicht von Eltern-Kind-Entfremdung gesprochen werden, wenn die Gründe der Ablehnung eines Elternteils nachvollziehbar sind, wie Gewalterfahrung, Missbrauch oder Vernachlässigung.
Auch sehen wir keine Entfremdung, wenn ein Elternteil seinerseits den Kontakt zum Kind abgebrochen hat.
Wenn ein Kind bisher keine Beziehung zum abgelehnten Elternteil hatte, weil die Trennung der Eltern beispielsweise bereits in der Schwangerschaft vollzogen wurde.
Kinder, deren Familien zerbrechen und die einen Elternteil verlieren, zu dem sie bislang eine liebevolle Beziehung hatten, erfahren einen sehr destruktiven Umgang mit Loyalitätskonflikten. Sie lernen, dass es “gute und böse” Menschen gibt – die Welt in schwarz und weiß einzuteilen.
Der Kontaktverlust zum ausgegrenzten Elternteil geht in der Regel damit einher, dass diesen Kindern nur noch ein familiäres Umfeld bleibt, in dem die Mitglieder sich ebenfalls vom ausgegrenzten Elternteil distanzieren, was den Eindruck erweckt, es gäbe hierfür vermeintlich trifftige Gründe.
Dieses erlernte Muster für die Bewältigung von Konflikten werden diese Kinder in ihren Beziehungen zu anderen Kindern weiter vertiefen. Sofern sie keine alternativen Konfliktlösungsmöglichkeiten erlernen und positiv erfolgreich erfahren, wird dieses destruktive Konfliktlösungsmuster zu ihrer Strategie als Erwachsene.
Ein solches Muster erschwert, oder kann es unmöglich machen, sich empathisch mit Konfliktpartnern zu verbinden und führt schließlich zu destruktiven Machtkämpfen. Die Folge sind Beziehungsabbrüche woraus Frustration, Trauer, Ohnmacht und Wut, aber auch Ängste entstehen können, die sich mit diesem Muster jedoch nicht auflösen lassen.
Eine fehlende Alternative kann schließlich dazu führen, diese negativen Gefühle betäuben zu wollen und bergen daher ein Risiko für geringes Selbstwertgefühl, Depression, Drogenabhängigkeit und Delinquenz. Letztere aus dem Bedürfnis gesehen werden zu wollen und angenommen werden zu wollen – der innige Wunsch ohne Bedingungen geliebt zu werden.
Irreführende Annahmen
Wir nehmen die Auseinandersetzung in den verschiedenen Fachpublikationen und die unterschiedlichen Positionen zu diesem Thema wahr und setzen uns damit auseinander.
Dabei empfinden wir, mal mehr, mal weniger das Gefühl nicht verstanden zu werden und es entsteht der Wunsch zur Klärung und hierzu in kooperativer Weise beitragen zu können.
Folgend beschreiben wir Annahmen, die uns häufiger begegnen, uns jedoch auch verwirren oder die wir nur bedingt als zutreffend empfinden.
Ergeben sich hierzu Fragen oder das Bedürfnis sich mit uns auszutauschen, so freuen wir uns, wenn Sie Kontakt mit uns aufnehmen möchten: >>Kontaktformular
Häufig begegnet uns der Begriff “Entfremdung” als Beschreibung eines Status – des finalen Status, dem Beziehungsabbruch der in der Regel als mehr oder weniger finaler Zustand beschrieben wird, an dem sich nichts mehr ändern lässt.
Elternteile, die aus der Beziehung zu ihrem Kind ausgegrenzt werden, erleben und beschreiben dies jedoch regelmäßig als Prozess, der unterschiedliche Stadien durchläuft. Betrachtet man Entfremdung als Prozess so besteht die Möglichkeit, je nach individueller Situation, geeignete Interventionsmöglichkeiten zu überlegen und schließlich zu evaluieren.
Hierbei wünschen wir uns einen Blick auf die ganze zerbrochene Familie, also alle Mitglieder.
Wir können bestätigen, dass Eltern-Kind-Entfremdung im Rahmen gerichtlicher Auseinandersetzungen ersichtlich wird, jedoch haben wir in der Regel erfahren, dass dieser Prozess bereits in der Familie begann, also vor der Trennung/Scheidung.
Im intensiven Austausch miteinander haben wir erfahren, dass sich ein recht einheitliches Muster herauskristallisiert hat. So hat die Ausgrenzung bereits in der elterlichen Beziehung begonnen – ein Muster das geprägt ist von “gut und böse”, “schwarz und weiß” bis hin zu einem Verhältnis von “Macht über” den später ausgegrenzten Elternteil.
Diese Annahme geht davon aus, dass der hauptbetreuende Elternteil mehr “Macht” über das Kind hat und hiermit auch mehr Einfluss bezüglich des Kontakts zum anderen Elternteil und daher eher die Möglichkeit hat den Umgang und damit den Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil gestalten kann. Diese Annahme ist insofern häufig zutreffend.
Allerdings haben viele, von Ausgrenzung betroffene Elternteile, die Erfahrung gemacht, dass der Prozess (wie oben beschrieben) deutlich früher begonnen hat und ein Wechsel von einem Elternteil zum anderen eher einen “Meilenstein” dieses Prozesses markiert. Dieser Wechsel wird häufig begleitet oder herbeigeführt durch entsprechende familiengerichtliche Verfahren.
Sehr häufig begegnet uns die Formulierung der “Hochstrittigkeit der Eltern” und damit die Beschreibung von Elternteilen, die sich gegenseitig in einen heftigen Konflikt verwickelt haben getreu dem Motto: “zum Streiten gehören zwei”.
Im Austausch miteinander haben wir festgestellt, dass wir allzuhäufig die Erfahrung gemacht haben, dass eher Konflikte als Mittel der Ausgrenzung produziert werden und mitunter über gerichtliche Verfahren der jeweilige “Meilenstein” der Entfremdung manifestiert wird – Konflikt als Mittel zum Zweck. Unsere Erfahrung lässt sich besser beschreiben mit: “zum Vertragen gehören zwei!”
Dann gelingt es den Blick beider Parteien auf die betroffenen Kinder zu lenken.
Es gibt immer wieder Aussagen – pauschal oder in Verbindung mit prozentualen Angaben – die den Eindruck entstehen lassen, es würden überwiegend Väter von ihren Kindern entfremdet.
Diese Sicht ist nachvollziehbar, da es vor etlichen Jahren tatsächlich noch gängige Praxis war, im Rahmen von Scheidungsverfahren per sé den Müttern das Sorgerecht für gemeinsame Kinder zu übertragen. Im Falle großer Verletztheit, bot diese Praxis die Möglichkeit sich zu “rächen” durch Kontaktverweigerung und damit Entfremdung.
Allerdings ist diese Sichtweise sehr irreführend, weil es keinerlei belastbare Statistik hierzu gibt. Selbst das Heranziehen von gerichtlichen Verfahren und dem jeweiligen Ausgang kann nicht zutreffend sein. Allzu oft begegnen uns Fälle in denen es gar keine Gerichtsverfahren gab, was zur Folge hat, dass diese Zahlen “unter dem Radar” bleiben.